Wasserkraftskandal „Rote Mühle“ – Teil 2

Seit 8. Dezember 2019 führte die Schwarza erstmals sei April 2019 so viel Wasser, dass eine Turbine betrieben werden kann, ohne die Mindestwasserauflage von 0,750 m³/s gemäß Planfeststellungsbescheid zu beeinträchtigen. Mindest- oder auch Restwasser wird behördlich festgesetzt, um die Lebensraumfunktion des Flusses einigermaßen zu erhalten.

Zu dieser Zeit war auch das Kraftwerk fertiggestellt. Anstelle der umstrittenen Einwandersperre, deren Funktion bisher nirgends nachgewiesen werden konnte, wurde eine Fischtreppe gebaut. Auch der Fischschutz wurde endlich nach dem Stand der Wissenschaft, mit dem Horizontalrechenprinzip nach Ebel, Gluch & Kehl errichtet. Allerdings hilft das nur einigen schwimmstarken Fischarten, wie z. B. der Bachforelle > 15 cm über die Wasserkraftanlage auf- und ab zu wandern. Kleinfische, insbesondere die FFH-Erhaltungszielarten Groppe und Bachneunauge und charakteristische Arten des Lebensraumtyps C 3260 werden den Schlitzpass als Fischaufstieg nach dem ersten Eindruck kaum überwinden können.

Auch die extra für die Wasserkraft errichtete Sohlgleite in der Schwarza hat Stufen von 20 cm nach dem damaligen DWA-Standard. Allerdings können die Erhaltungszielarten Groppe und Bachneunaugen nur ca. 5 cm Höhenunterschied bei moderater Strömung überwinden. Also wohl auch ein Wanderhindernis. Da Neunaugenpopulationen oft an der Abwesenheit weniger Tiere zusammenbrechen, muss mit erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und der nach der Artenschutzverordnung besonders geschützten Art Bachneunauge und den Groppen gerechnet werden.

Das passt prächtig zu der im März wegen Nichteinhaltung der FFH-Richtlinie gegen Deutschland gerichteten „Mit Gründen versehene Stellungnahme“ durch die EU Kommission. Es muss damit gerechnet werden, dass die Antwort Deutschlands nicht befriedigen wird und die Kommission den Europäischen Gerichtshof mit den bekannten Folgen (Strafzahlungen bis zu 850.000 €/Tag) einschalten wird.

Auch ist zu kritisieren, dass die Fischtreppe nicht für Wanderfische ausgelegt wurde. Die Abflussdaten sind hier mit denen von Lachsprogrammgewässern Nuthe (L-SA) und dem Lachsbach (Sachsen) vergleichbar. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt in solchen Fällen die Auslegung für zukünftige Wanderfische. Da hierzu weiteres Wasser der Turbine entzogen würde, hat die Vollzugsbehörde auf den Zugang für Wanderfische für die Laichgebiete im Oberteil der Mittleren Schwarza offenbar zugunsten der Miniwasserkraft verzichtet.

Auch der Fischschutz ist nicht geeignet, juvenile Tiere und Erhaltungszielarten nebst ihrer Entwicklungsstadien zu schützen und schadlos in‘s 4,5 m tiefere Unterwasser zu leiten.

Wer die Abflussdaten der letzten 10 Jahre verfolgt, muss wissen, dass Ende März Anfang April die Schneeschmelze zu Ende geht und die Schwarza in den Niedrigwasser -Sommermodus bis in den Spätherbst verfällt. Offenbar ist das dem Betreiber und der Vollzugsbehörde entgangen oder es soll die Investition nicht über die Stromvergütung refinanziert werden. Manche können bekanntlich auch beim Finanzamt Verluste, die der normale Steuerzahler begleicht, geltend machen.

Verstöße gegen die Mindestwasseranordnungen gibt es in großer Zahl, obwohl diese grundsätzlich einen Straftatbestand nach § 324 Strafgesetzbuch darstellen.

Da offenbar das Wohlwollen von Umweltministerium und Landesverwaltungsamt bei Wasserkraft als grenzenlos angesehen wurde, konnte der Betreiber große Wassermengen vom Mindestwasser in die Turbine abzweigen.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Vom Verwaltungsgericht Gera wurde das Anbringen eines Messpegels mit einer roten Mindestwassermarke zur Kontrollmöglichkeit durch die Öffentlichkeit festgesetzt. Dieser Pegel war zumindest am 30.12.2019 noch gut sichtbar vorhanden und dass Mindestwasser war eingehalten. Am 27.03.2020, der Abfluss war zurückgegangen, stellten umweltbewusste Bürger fest, das so wenig Wasser in der Schwarza fließt, dass die Steine sichtbar sind und teilweise trocken fallen.

Der gerichtlich verfügte Messpegel war inzwischen entfernt. Wer sollte daran Interesse haben?

Bis zum heutigen Tage fließt nahezu das gesamte Schwarzawasser rechtswidrig in die Turbine. Montag, den 30.03.2020 wurde das Landratsamt zur sofortigen Herstellung der Gesetzlichkeit aufgefordert. Da am 31.03.2020 nichts passierte, wurde die Polizeiinspektion Saalfeld ins Bild gesetzt. Auch die Mitteilung an den Staatssekretär am 03.04. 2020 half nichts.

Zusammenfassend muss vermutet werden, dass womöglich Straftatbestände greifen.

Tatbestände des Umweltstrafrechts

  1. Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB): Nachteilige Veränderung: Eine nicht unerhebliche Verschlechterung der natürlichen Gewässereigenschaften im physikalischen, chemischen oder biologischen Sinn.

Das dürfte den Betreiber betreffen.

Wo blieb die Kontrollpflicht der zuständigen Behörde?

  1. Amtsträger, die eine fehlerhafte Genehmigung erteilen:
  2. Amtsträger, die eine fehlerhafte Genehmigung nicht zurücknehmen: sowohl bei einer von vorne herein – unerkannt – rechtswidrigen (Ingerenz) als auch bei einer nachträglich rechtswidrig gewordenen Genehmigung (behördlichen Überwachungspflicht) bejaht die herrschende Meinung die Garantenstellung und kommt somit zur Unterlassungstäterschaft jedenfalls bei Allgemeindelikten. Dies gilt auch für den Nachfolger des die Genehmigung erteilenden Beamten.
  3. Amtsträger, die eine gebotene Untersagung oder Auflagen nicht anordnen: auch hier bejaht die herrschende Meinung die Garantenstellung des zuständigen Amtsträgers der Überwachungsbehörde (Beschützergarant für die entsprechenden Umweltmedien)
  4. Nach diesen unerklärlichen Verzögerungen um mindestens eine Woche durch Amtsträger, besteht sogar der Verdacht einer Strafvereitelung im Amt 258 STGB.

All das passt zur Wahrnehmung der artenreichsten Süßwasserlebensräume und den Gerede von sogenannter Biodiversität. Die Flusslandschaft des Jahres 2006/7 interessiert weder Behörden noch die Politik. Fische hört man nicht und sieht sie kaum!

Die Fakten sehen Sie in der Anlage.